Eine interessante Frage. Hat der Leipziger Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber tatsächlich die Schrebergärten erfunden? Oder hat er wohl nie einen Schrebergarten gesehen?
Doch woher kommt der Name?
Es ist in der Tat so, dass Dr. Schreber nie einen Schrebergarten gesehen hat.
Das Kleingartenwesen ist in seiner Urform bereits über 200 Jahre alt.
Es begann in seiner Urform im Jahre 1814 in Kappeln an der Schlei (Schleswig Holstein). Hier verpachtete der Pastor Schröder auf der Pastoratskoppel 24 Parzellen. In den nächsten 40-50 Jahren entstanden immer wieder irgendwo kleine Gärten. Aber das war alles unorganisiert und sporadisch.
Das eigentliche organisierte Kleingartenwesen begann in Leipzig mit einer Idee von Dr. Daniel Schreber. Alle Welt spricht von Schrebergärten, also sollte Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber doch der Erfinder der Schrebergärten sein? Mitnichten, – Dr. Schreber hat in seinem Leben nie einen Schrebergarten gesehen.
Wieso spricht man also von Schrebergärten ?
Dr. Schreber war Orthopäde und Hochschullehrer an der Universität Leipzig. Ihm lag das Elend der Kinder in dieser trostlosen Zeit der Anfänge der Industrialisierung sehr am Herzen.
In einer Schrift rief er damals in Leipzig auf, Grünflächen und Spielplätze für Kinder zu errichten, wo sich die Kinder unter Anleitung in frischer Luft bewegen konnten, welches ihrer Gesundheit förderlich sein sollte. So gründete er mit anderen Professoren 1836 den ersten Leipziger Turnverein. Schreber lebte von 1808 bis 1861.
Der Leipziger Schuldirektor Dr. Dr. phil. Ernst Innocenz Hauschild, (Dr. Schrebers Schwiegersohn) appellierte 1864 (3 Jahre nach Schrebers Tod) in einer Elternversammlung zum Bau eines Spielplatzes und dazu einen Verein zu gründen Es sollten eine Bibliothek errichtet und Vorträge zu Erziehungsfragen gehalten werden. Dabei griff er die Idee und den Wunsch Dr. Schrebers auf, kindgerechte Spiel- und Turnplätze in die Praxis umzusetzen. Für diesen, mit den Eltern der Kinder entstandene Verein suchte man nach einem Namen.
Die Namen Schulverein oder Erziehungsverein lehnte man ab. Dr. Hauschild schlug vor, den Verein zum ehrenden Gedächtnis des trefflichen Arzt und Pädagogen Dr. Schreber „Schreberverein“ zu nennen. So erfolgte der Bau des ersten Spielplatzes.
Der Oberlehrer Karl Gesell ließ am Rande des Spielplatzes kleine Gärten anlegen, in denen die Kinder das Gärtnern erlernen sollten. Doch die Kinder hatten schnell die Freude an den Gärten verloren und die Eltern übernahmen diese Arbeit. Aus den Kinderbeeten am Rande des Schreberschen Spielplatzes wurden schnell Familienbeete. Man baute zierliche Lauben und friedete die Beete ein. Die ersten Gärten entstanden. Man nannte sie „Schrebergärten“. Innerhalb kurzer Zeit waren über 100 Gärten eingerichtet.
Am 10. Mai 1864 (vor genau 155 Jahren) wurde auf diesem Areal der erste Schreberverein die „Schreberanlage Johannisthal“ gegründet. Dies war der eigentliche Beginn, die Geburtsstunde des organisierten Kleingartenwesens in Deutschland. Diese erste „Schreberanlage Johannisthal“ existiert heute noch und ist die älteste Kleingartenanlage Deutschlands. Im historischen Vereinshaus befindet sich heute das Deutsche Kleingarten-Museum.
Von Leipzig aus, nahm der Begriff Schrebergarten sowie das daraus resultierende Kleingartenwesen ihren Weg ins übrige Deutschland, nach Europa und in die ganze Welt.
Sie sehen, an Hand der Jahreszahlen, dass Dr. Schreber nie einen Schreber- bzw. Kleingarten gesehen hat, bzw. sehen konnte.
Aber auf Grund seiner Idee, stieg Dr. Daniel Gottlob Moritz Schreber postum zum Schutzpatron der Kleingärtner auf und so kam der Name „Schrebergarten“ zu stande.
Dr. Moritz Schreber, Dr. Ernst Hauschild und der Oberlehrer Karl Gesell hätten sich nicht träumen lassen, welche Entwicklung sich im Kleingartenwesen in den vergangenen Jahrzehnten, ja inzwischen zwei Jahrhunderten vollzogen hat. Das damalige Laubenpiepertum hat sich inzwischen zu einem modernen Kleingartenwesen entwickelt. Die wichtige soziale Bedeutung der Kleingärten mit all seinen unterschiedlichen Facetten hat in unserer Gesellschaft einen unabdingbaren Platz eingenommen.
Siegfried Schwital